Suomea ja minä - die finnische
Sprache und ich

Seit Monaten frage ich mich immer wieder, warum ich nicht Italienisch vor meinem Finnland-Aufenthalt gelernt habe. In der Gemeinde der Austausch-Studenten wäre das äußerst hilfreich gewesen. Aber nein, ich mußte mich ja unbedingt an der Landessprache versuchen, ungeachtet der Tatsache, daß diese von gerade einmal fünf Millionen Menschen gesprochen wird und das auch eben nur in diesem einen Land.

Wieviel cleverer sind da doch die meisten anderen "Exchangees", die nur den "Survival Course" belegen, in dem man lernt, wie man sich begrüßt, vorstellt, verabschiedet und bedankt. Sollte man sich tatsächlich darüber hinausgehend mit einem Finnen unterhalten, spricht der sowieso Englisch oder Deutsch (und vermutlich noch einige andere Sprachen) - und das noch nicht mal schlecht. Bei dem Eifer, mit dem Finnen Fremdsprachen erlernen, kann man blaß werden, obwohl sie es einem mit ihrer eigenen Sprache auch nicht gerade leicht machen.

Das deprimierende daran ist, daß ich nach acht Monaten Aufenthalt im Land mit vier Tagen à zwei Stunden Sprachkurs die Woche in Unterhaltungen trotzdem noch auf Englisch oder Deutsch zurückgreifen muß und im Supermarkt eher die schwedische Beschriftung erraten als die finnische lesen kann.

Natürlich war es nicht ganz umsonst: Ab und zu kann man schon mehr verstehen als andere, und Finnen freuen sich auch immer, wenn man sie in ihrer Sprache anspricht, auch wenn mir ihr Lob "Sinä puhut hyvin suomea" (Du sprichst gut Finnisch) ziemlich auf die Nerven geht, weil es oft in Situationen kommt, wo ich gerade mal einen oder zwei Sätze gesagt habe - und wir dann sowieso weiter auf Englisch reden.

Vorlesungen und Fachbücher auf Finnisch sind für mich noch reine Utopie, aber e-Mails auf Finnisch mit Wörterbuch und dann zehn Zeilen pro Stunde sind durchaus schon drin. Auch das Schreiben von Textnachrichten per Handy gelingt meist ohne Wörterbuch. Besonders alles was man für's Flirten braucht, gehört zum Standardrepertoire: "Tavataanko huomenna illalla?" (Treffen wir uns morgen Abend?), "Olisi oikein mukava nähdään sinua" (Es wäre schön, Dich wieder zu sehen.) und natürlich auch die entsprechenden Antworten: "Ei sovi minulle, minä olen tosi kiireinen" (Paßt mir leider nicht, ich bin sehr beschäftigt.) oder "Sori, mä oon sairas." (Tut mir leid, ich bin krank.) Fällt die Antwort positiver aus, schreibt die Finnin schon aus eigenem Interesse lieber in einer leichter verständlichen Sprache (Deutsch/Englisch). Bleibt die Frage, wozu man dann überhaupt noch Finnisch gelernt hat... ;-)

Eine Glosse, die mir eine finnische Deutsch-Studentin zu lesen gegeben hat, beantwortet sie auf folgende Weise: "Finnisch lernen stärkt das Selbstvertrauen: Wer Finnisch lernen kann, kann alles lernen!"

Vielleicht sollte man ergänzen: In der Zeit, die man braucht, um Finnisch zu lernen, könnte man tatsächlich ALLES mögliche andere zur Perfektion bringen.