Bürokratie

Die moderne Bürokratie ist ein Merkmal der legalen Herrschaft.

Die spezifische Funktionsweise der modernen Bürokratie ist die spezifische Funktionsweise des modernen Beamtentums.

Merkmale des modernen Beamtentums:


  1. Prinzip der festen, generell geordneten behördlichen Kompetenzen:
    • feste Verteilung der Tätigkeiten als amtliche Pflichten
    • feste Verteilung und Begrenzung der Befehlsgewalten und Zwangsmittel
    • Anstellung von Personen mit generell geregelter Qualifikation
    -> Bestand einer bürokratischen Behörde bzw. eines bürokratischen Betriebs.


  2. Prinzip der Amtshierarchie und des Instanzenzuges:
    • fest geordnetes System von Über- und Unterordnung der Behörden (Beaufsichtigung der unteren durch die oderen)
    • Bei voller Entwicklung des Typus monokratisch geordnet.

  3. Prinzip des Büros bzw. Kontors:
    • Amtsführung beruht auf:
      • Schriftstücken (Akten)
      • einem Stab von Subalternbeamten und Schreibern
      • Trennung von Amtstätigkeit und privater Lebensspäre:
        • amtliche Gelder und Mittel vom Privatbesitz
        • Büro von der Privatbehausung
        • geschäftliche von Privatkorrespondenz

  4. Prinzip der Notwendigkeit von Fachschulung


  5. Prinzip der Inanspruchnahme der gesamten Arbeitskraft des Beamten
    • auch wenn pflichtmäßige Arbeitszeit fest begrenzt ist

  6. Prinzip der Regelgebundenheit der Amtsführung der Beamten
    • die Regeln sind generell, mehr oder weniger fest, mehr oder weniger erschöpfend und erlernbar
    • die Kenntnis dieser Regeln ist eine besondere Kunstlehre, die die Beamten besitzen


Konsequenzen dieser Merkmale für die Stellung des Beamten:


  1. Das Amt ist Beruf
    das äußert sich in:
    • Erfordernis eines fest vorgeschriebenen Bildungsgangs
    • Pflichtcharakter der Stellung des Beamten
      (Eintritt in Amt gilt als Übernahme einer spezifischen Amtstreuepflich gegen Gewährung einer gesicherten Existenz)
    • die Amtstreue dient einem unpersönlichen sachlichen Zweck
      (Hinter dem die Kulturwertideen Staat, Kirche, Gemeinde, Betrieb oder Partei stehen)

  2. Die persönliche Stellung des Beamten:
    • ist eine spezifisch gehobene ständische soziale Schätzung
      (garantiert durch Rangordnungsvorschriften und/oder strafrechtliche Bestimmungen)
      • tatsächlich am höchsten, wo starker Bedarf nach fachgeschulter Verwaltung besteht
      • tatsächlich am geringsten, wo der Bedarf an fachgeschulter Verwaltung und die Herrschaft ständischer Konventionen gering ist
    • Der idealtypische bürokratische Beamte wird von einer übergeordneten Instanz ernannt
    • Es besteht normalerweise Lebenslänglichkeit der Stellung
      • die Lebenslänglichkeit kann rechtlich oder faktisch sein
      • ihr Zweck ist es, die unbeirrbare Ableistung der Amtspflicht zu garantieren
    • Der Beamte bezieht regelmäßig ein festes Gehalt (Geldentlohnung) und Alterssicherung durch Pension
      • Abmessung des Gehaltes nicht nach Leistung sondern "standesgemäß" (Art der Funktion, Dienstzeit)
    • Der Beamte ist auf eine Laufbahn eingestellt.
      • von geringerer zu höherer Wichtigkeit und Bezahlung der Stelle
      • Folge: Erstreben einer möglichst mechanischen Fixierung der Bedingungen des Aufrückens (Alter und Fachabschlussnote)


Soziale und ökonomische Voraussetzungen dieser modernen Gestaltung des Amtes:


  1. Entwicklung der Geldwirtschaft
    • keine unentbehrliche Vorbedingung, aber von großer Wichtigkeit
    • Verhindert Pfründenbildung
    • ist alleinige sichere Basis für ein festes Steuersystem

  2. Quantitative Entfaltung der Verwaltungsaufgaben
    • auf politischem Gebiet sind der Großstaat und die Massenpartei der klassische Boden der Bürokratisierung

  3. intensive und qualitative Erweiterung und innere Entfaltung des Aufgabenkreises der Verwaltung
    • stärkerer Anlass der Bürokratisierung als quantitative Entfaltung
    • wird angetrieben von konsumtiv verwendetem Besitz, politischem Bedurfnis nach Ordnung und Schutz, sozialpolitischen Aufgabenstellungen, Notwendigkeit der Verkehrsmittelverwaltung

  4. technische Überlegenheit der bürokratischem Organisation über jede andere Organisationsform
    • ist der entscheidende Grund für die Entwicklung der Bürokratie
    • Präzision, Schnelligkeit, Eindeutigkeit, Aktenkundigkeit, Kontinuirlichkeit, Diskretion, Einheitlichkeit, straffe Unterordnung, Reibungsersparnis, Kostenersparnis (sachl. u. persönl.) sind optimiert
      (und werden von modernem Kapitalismus gefordert)
    • Sachliche Erledigung ohne Ansehen der Person bedeutet Berechenbarkeit der angewendeten Regeln

  5. Konzentration der sachlichen Betriebsmittel in der Hand des Herrn


  6. mindestens relative Nivellierung der ökonomischen und sozialen Unterschiede in ihrer Bedeutsamkeit für die Innehabung der Verwaltungsfunktionen


 


Verbesserungsvorschläge und Ergänzungen sind sehr willkommen!

16.07.2004 · © Floriana Müller