Protestantismus

Grund der Analyse der protestantischen Ethik:
Weber betrachtet die okzidentale Entwicklung von Reformation und Protestantismus, um den moralisch-religösen Voraussetzungen auf die Spur zu kommen, die gegeben sein müssen, damit eine zum Kapitalismus passende Lebensführung und Lebensordnung entstehen kann.

Konkreter Untersuchungsgegenstand:
Um einen klaren Idealtypus benutzen zu können, konzentriert er seine Betrachtungen auf den Calvinismus.

Kernthesen:
Reformation und Protestantismus verursachten nicht den Kapitalismus, aber sie passen kongenial zu ihm. D.h. sie stehen in einer "wahlverwandtschaftlichen" Beziehung zu ihm, da die Reformation den Abbau von Hemmnissen gegenüber dem ökonomischen Erwerbstrieb begünstigte und die methodisch-rationale Lebensführung hervorbrachte. Die innerweltliche Askese des Protestantismus führt zu Selbst- und Weltbeherrschung. Ihre Ethik passt gut zum Kapitalismus, da sie mit Berufspflicht- und Konsumverzicht-Geboten die Akkumulation von Kapital und Investitionsbereitschaft begünstigt.

Analyse im Detail:

Dogma und Praxis des Calvinismus:
Im Zentrum von Webers Untersuchung steht die religiöse Praxis. Aber er betrachtet auch Theorie und Dogma, die dahinter stehen.

Dogma:
Gnadenwahl und Prädestinationslehre besagen: Die Sündhaftigkeit des Menschen ist unhintergehbar. Die Erlösung des Menschen ist nicht durch sein eigenes Handeln zu erreichen, sondern Gott hat einmal für alle Zeiten entschieden, wer erlöst ist und wer nicht. An der Tatsache, ob man erwählt ist oder nicht, kann man nichts ändern. Gottes Entscheidung ist unerkennbar, frei und menschlich sinnlos. Gott ist undurchschaubar und unerbittlich. Die Menschen sind nur um Gottes Willen da.

Folgen des Dogmas für die Lebensführung:

Also: Fatalismus

Seelsorgerische Praxis führt dennoch Merkmale der Erwähltheit ein (ohne wäre die Lehre nicht zu ertragen):
  1. Pflicht, sich für erwählt zu halten (Wer zweifelt, ist den Anfechtungen des Teufels ausgesetzt und ihm wahrscheinlich schon verfallen) (=Ziel)
  2. rastlose Berufsarbeit (Ablenkung vom Zweifel) (=Mittel)
Also: Aktive innerweltlich Selbst- und Weltbeherrschung (vgl. Askese)
Führt zu einem System gesteigerter Werkheiligkeit.

Puritanische Ethik und ihre ökonomischen Auswirkungen:
  1. indirekte Einflüsse
1. Reichtum Triebhaftes Gewinnstreben, Genuss und Ausruhen sind sittlich schlecht.
2. Zeit Zeitvergeudung ist die größte aller Sünden, Kontemplation ist nicht heilig -> durchrationalisierter Tagesorganisation.
3. Arbeit Harte, stetige körperliche oder geistige Arbeit wird geadelt. (Auch für Besitzende)
4. Arbeitsteilung
5. Beruf rationale Berufsarbeit ist Verwirklichung gottwohlgefälligen Lebens.
6. Berufsmobilität Ist, wenn erfolgreicher im neuen Beruf, sehr gut.
7. Armut Ist ganz schlecht (des Teufels) und gehört ausraddiert (Arbeitshäuser).
innerer Gesamthabitus des Puritaners nüchterner, bürgerlicher Selfmademan, Fachmenschen, Geschäftsmenschen

  1. direkte Auswirkungen auf
a) Konsumtion (Gewinn gottgewollt, Profit keine Sünde, Genuss ist Sünde)
b) Produktion (gegen Unrechtlichkeit und Habgier, aber schafft immer Profit und Reichtum)


 


Verbesserungsvorschläge und Ergänzungen sind sehr willkommen!

16.07.2004 · © Floriana Müller